Bericht einer Pflegefamilie


Ich möchte einmal einen unserer „Fälle“ ein bisschen transparenter machen, um zu zeigen, dass eine gute Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Dithmarschen möglich ist.

Die Vorgeschichte dieses Falles ist die Inobhutnahme eines knapp drei jährigen, autoaggressiven Mädchens. Sie ist zu diesem Zeitpunkt bereits sehr auffällig geworden, Familienhilfe ist eingesetzt.

Bereits bei der Aufnahme zeigte sie sehr auffälliges Verhalten, lief unkontrolliert überall gegen und haute mit voller Wucht ihren Kopf gegen eine Steinmauer.

Die zuständige Mitarbeiterin des ASD erzählte, dass dieses Verhalten wohl schon sehr lange anhält und die Eltern bisher alle Förderungen, wie Ergo und Frühförderung, nicht eingesetzt hatten. Wir versuchten zuerst einmal all dies in Gang zu bringen, jedoch dauerte allein die Bewilligung für die Reittherapie 5,5 Monate….und war dann auf 6 Monate befristet.Natürlich gingen wir trotz fehlender Bewilligung zur Reittherapie und ebenso auf eigene Kosten zum Chiropraktiker um etwaige Fehlstellungen der HWS auszuschließen.

Die Berichte über den Tagesablauf des Kindes mit all seinen extremen Auffälligkeiten gingen wöchentlich zum ASD. Nach ein paar Wochen mit 5-6 maligem Schreien in der Nacht und extremen selbstverletzendem Verhalten wie beißen, Haare ausreißen, Finger in die Augen stechen, Kopf gegen Wände und auf den Boden schlagen, baten wir um Unterstützung. Dies kann eine Pflegefamilie auf Dauer nicht leisten.

Fälschlicherweise dachte ich, dass  die Unterstützung durch Beantragung des doppelten Erziehungsgeldes erfolgt. Ich hätte jedoch „Hilfe in der Hilfe“ beantragen müssen…..aber es tat sich nichts!! Die Mitarbeiterin vom ASD wusste nach mehrmaligem Fragen nicht mehr, dass ich überhaupt mal darum gebeten hatte!

Nach 10 Monaten ohne Hilfe baten wir um die Unterbringung des Kindes in einer heilpädagogischen Einrichtung, da wir am Ende mit unserer Kraft waren.Kein Schlaf, Kita Platz erst nach 8 Monaten, keine Unterstützung vom Jugendamt.

Wir hofften auf eine Einrichtung, die speziell auf solche Kinder mit autoaggressivem Verhalten geschult ist und wo keine kleineren Kinder sind, da das Mädchen manchmal auf auf kleinere Kinder aggressiv reagiert.

Die Mitarbeiterin vom ASD entschied sich jedoch für eine Familienanaloge Einrichtung. Dort wohnen die Erzieher gemeinsam mit den Kindern in einem Haus…also eigentlich wie in einer Pflegefamilie. Das leibliche Kind der Heimleitung war zu diesem Zeitpunkt 2,5 Jahre alt. Meinem Einwand, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann, wurde kein Gehör geschenkt.

Schweren Herzens gaben wir dann das kleine Mädchen in diese Einrichtung, blieben aber weiterhin in Kontakt als „ Oma und Opa“ damit sie nicht wieder einen Bindungsabbruch erleiden musste.

Nach drei Wochen kam dann die erste Nachricht der Heimleitung:

„Uns reicht es jetzt!! Entweder stationäre Aufnahme in Schleswig oder Medikamente!“

Wir waren entsetzt, wie schnell „Fachpersonal“ an seine Grenze kommt, konnten aber verstehen, wie belastend die Situation dort für alle war, denn die Betreuung dieses Mädchens ist schon sehr, sehr aufwendig. In weiteren Gesprächen und bei Besuchen dort, war uns eigentlich schnell klar, das die Kleine dort wohl nicht bleiben wird bis sie Erwachsen ist, obwohl das Jugendamt Dithmarschen viele Fachleistungsstunden extra bewilligt hatte. Die Kleine verletzte sich immer drastischer, trug mittlerweile einen Schaumstoffhelm um Verletzungen am Kopf auszuschließen. Die Schreianfälle am Tag und in der Nacht dauerten teilweise Stunden. Die Erzieher waren am Ende ihres Pädagogischen Wissens und ihrer Kräfte und verlangten vom Jugendamt Dithmarschen eine sofortige Inobhutnahme der Kleinen.

Die Heimleitung teilte uns dies ebenso mit und wir überlegten, ob es eine Möglichkeit gibt, dass die Kleine wieder zu uns kommen könnte. Dies wäre nur Möglich mit Unterstützung durch eine 450 Euro Fachkraft und reduzieren der Elternbesuche von 2 mal wöchentlich auf alle 14 Tage. Außerdem würden wir Unterstützung benötigen wenn der ins Auge gefasste Vollstationäre Aufenthalt im Werner-Otto- Institut tatsächlich benötigt werden sollte.

Unsere zuständige Sozialarbeiterin vom PKD war zuerst dagegen…..und zwar nicht weil sie meint, es könnte nicht klappen, sondern weil sie es ebenso ungerecht findet, dass uns Pflegeeltern nicht genug Gehör geschenkt wird, wenn wir um zusätzliche Hilfe bitten. Auch die Bewilligungen dauern dann meistens so lange, dass es oft in Pflegefamilien schon eskaliert ist und die Kinder „in Krise“ fremd untergebracht sind.

Unsere Sozialarbeiterin und die wieder zuständige vom ASD baten mich zu einem Gespräch ins Jugendamt. Dort teilten Sie mir mit, dass sie mit der Unterbringung bei uns einverstanden sind und alle unsere Bedingungen ohne zeitliche Begrenzung erfüllt werden. Der „Fall“ ist bis ganz „ nach oben „ bekannt und es wird jegliche Art der Unterstützung genehmigt.

Ich finde, dieser „Fall“ zeigt, dass es sehr oft mit der nötigen, schnellen Unterstützung durch das Jugendamt möglich ist, einige Kinder in der Familie zu halten. Für viele Kinder ist es bestimmt sinnvoll in einer Einrichtung zu wohnen, aber für sehr viele ist unsere Art der „Familienwohnform“ einfach das Beste!

Ich wünsche Allen, die in diese Situation kommen (oder sind) das sie den Mut haben LAUTSTARK nach sofortiger Hilfe zu schreien und dies auch durch beständiges Nachfragen durchzusetzen.

Viele der für uns zuständigen PKD Mitarbeiter geben sich sehr viel Mühe unsere Bedürfnisse ernst zu nehmen!

Die Unterbringung in einer Einrichtung wird immer schwieriger, da die Plätze knapp und vor allem sehr teuer sind. Ich denke ich spreche für viele wenn ich hoffe, dass es ein Umdenken für die Unterbringung in den Pflegefamilien gibt. Wenn wir um Hilfe bitten ist es keine „Überforderung“ weil wir kein FACHPERSONAL sind, sondern bei einigen Kindern ist der Betreuungsaufwand nun einfach höher….egal wo sie wohnen.


 

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